Zuhören wie Momo oder kalkulieren wie ein Algorithmus? Coaching im Zeitalter von KI: Zwischen Schein und Sein

KI hält Einzug ins Coaching. Chatbots und Tools liefern schnelle Antworten, teils kostenlos und rund um die Uhr. Doch was wie Sicherheit wirkt, ist oft nur eine Illusion.

Coaching lebt von Resonanz, von echtem Zuhören, von der Fähigkeit, Zwischentöne wahrzunehmen. KI kann simulieren, jedoch niemals fühlen und motivieren. Sie kann Texte sortieren, jedoch keine Herzen berühren. Die größte Gefahr dabei aus meiner Sicht: Klientinnen und Klienten wiegen sich in vermeintlicher Geborgenheit und einer Pseudo-Wertschätzung, während sie in Wahrheit allein bleiben.

Noch kritischer aber ist, dass die KI nicht erkennt, wann der Coachee eher therapeutische Begleitung bräuchte. Als professionell ausgebildete systemische Coach ist das Teil meiner Verantwortung. Grenzen zu sehen und Menschen sicher zu begleiten, sie gegebenenfalls zu Therapeuten zu vermitteln. KI dagegen bleibt blind für diese so entscheidende Unterscheidung und das ist aus meiner Sicht gefährlich.

Michael Ende hat uns in Momo gezeigt, was wahre Begleitung bedeutet. Momo schenkte den Menschen ihre volle Aufmerksamkeit, echtes Zuhören und Wärme. Genau dieses Öffnen eines Zuhörraums machte Veränderung möglich. Die grauen Herren hingegen stehen für das Gegenteil: Effizienz ohne Herz, Empathie und Struktur.

Ich persönlich möchte arbeiten wie Momo: aufmerksam, herzlich, empathisch. Mit kreativen Übungen, Naturcoachings und Methoden, die das Unterbewusstsein ansprechen. Mit echter Präsenz und echtem Interesse für den Menschen, der mir gegenübersitzt. So entsteht wahre Reflektion und Veränderungsgeist.

Denn echtes Coaching ist keine Dienstleistung, die man „konsumiert“. Es ist eine menschliche Begegnung, die meiner Meinung nur dort ihre Kraft entfaltet, wo Vertrauen, Nähe und Resonanz entstehen.

Gerade in Zeiten von KI sollten wir uns fragen: Was brauchen wir wirklich? Antworten auf Knopfdruck oder eher ein Gegenüber, das uns empathisch zuhört, uns herausfordert und auch mal unbequem nachfragt? Bei allen praktischen Vorteilen sollten wir niemals vergessen worum es wirklich geht: den Menschen in seiner Größe zu sehen und zuzuhören mit allen Zwischentönen.